Polizeiliche Maßnahmen behindern die Arbeit der sozialpädagogischen Fanprojekte
Liebe VfB Fans,
nicht nur die aktuellen besorgniserregenden Entwicklungen an anderen Fanprojekt-Standorten sind Anlass genug, um die Stellungnahme des Arbeitskreises „Stadionverbote & Repression“ der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte zu teilen. Sondern auch die Tatsache, dass unser Mitarbeiter Can Mustafa sich aktiv, sowohl im AK „Stadionverbote & Repression“, als auch im Expert:innengremium „Stadionverbote“ des DFBs, für Fankultur, Fußballfans und deren Belange einsetzt, bietet Grundlage genug, um auch an dieser Stelle mit Hilfe der Stellungnahme auf kritische Entwicklungen aufmerksam zu machen. Für etwaige Rückfragen steht euch unser Mitarbeiter Can jederzeit zur Verfügung, der bereits vor drei Wochen im PodCannstatt (https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.podcast-zum-vfb-stuttgart-einblicke-in-das-vfb-fanprojekt.82c82994-4ad0-4083-8c54-870d554cfc2f.html) auf besorgniserregende Dynamiken seitens der Polizei hingewiesen hat.
Im Folgenden dokumentieren wir die Stellungnahme des AK „Stadionverbote & Repression“ der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte:
Polizeiliche Maßnahmen behindern die Arbeit der sozialpädagogischen Fanprojekte
Als Arbeitskreis Stadionverbote und Repression der BAG-Fanprojekte erreichen uns seit Jahresbeginn 2023 zunehmend Berichte von polizeilichen Übergriffen und Drohungen gegenüber Mitarbeiter*innen der Fanprojekte, die nun mit den Ereignissen rund um das Fanprojekt Karlsruhe um einen neuen bitteren Höhepunkt reicher geworden sind.
Angedrohte Stürmung von Fanprojekt-Räumen, Abhörmaßnahmen, das gezielte Auslesen von Smartphones, auf denen sich auch Nachrichten mit Fanprojekten-Mitarbeiter*innen befinden oder körperliche Angriffe auf Mitarbeitende im Rahmen ihrer Arbeit, Personalienaufnahmen bei dienstlichen Gelegenheiten, aber auch eine zunehmende Anzahl an Vorladungen durch die Polizeien der Länder gehören nicht mehr nur an einzelnen Orten zum Alltag von Fanprojekten.
Wir nehmen diese Maßnahmen mehr und mehr als polizeiliche Eingriffe in die Arbeit der sozialpädagogischen Fanprojekte wahr.
Da im Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB Vlll) eine vertrauliche und anonyme Kontaktaufnahme zu sozialpädagogisch arbeitenden Institutionen garantiert ist und diese zudem auf freiwilliger Basis basiert, müssen wir feststellen, dass das aktuelle Verhalten der Polizeien der Länder und des Bundes unseren Auftrag maßgeblich torpediert und womöglich nachhaltig schadet:
Wieso sollten sich betroffene Fans mit uns in Verbindung setzen, wenn Vertraulichkeit als Basis für das in uns gesetzte weitergehende Vertrauen nicht gewährleistet werden kann ? Wie sollten Fanprojekte Angebote aus dem Kontext des Täter-Opfer-Ausgleichs unterbreiten, die dann wiederum aus Smartphones ausgelesen werden? Wieso sollten Fanprojekte die Anreise zu Auswärtsspielen begleiten, wenn bei Regelverletzungen der Fans (und diese streiten wir keines Wegs ab) der Einfachheit halber zunächst mal die Mitarbeitenden vorgeladen werden ?
Wir sind keine Gehilf*innen der Polizeien, sondern Sozialarbeiter*innen im Auftrag der Kommunen, der Länder und des Fußballs.
Wir bieten jugendlichen und jungen Erwachsenen Fans Unterstützung und Begleitung an. Wir haben eigene Räume und leisten aufsuchende soziale Arbeit im Kontext Fußball. Wir sind qualifizierte und professionelle Fachkräfte der sozialen Arbeit.
Wir sind nah an der Lebenswelt Fußball und bewegen uns in einem komplexen Netzwerk vieler verschiedener Institutionen.
Wir fordern deshalb das Zeugnisverweigerungsrecht auch für die Soziale Arbeit.
Der Arbeitskreis Stadionverbote & Repressionen ist ein Zusammenschluss aus Kolleg*innen der sozialpädagogischen Fanprojekte mit besonderer Expertise in den besagten Themen. Neben der Schulung für Fanprojekt-Mitarbeiter*innen, kollegialer Beratung von Fanprojekten und gelegentlich auch bei Vereinen entsteht ein guter Überblick über aktuelle Entwicklungen. Der Arbeitskreis entsendet für die BAG Fanprojekte eine Vertretung in den Expertenrat Stadionverbote des DFB.