Methoden
5.1 Lebensweltorientierung
Die Soziale Arbeit mit Fußballfans versteht das Denken und Handeln junger Fußballfans vor dem Hintergrund, dass Fußball und die damit verbundene Fankultur prägnante und prägende Teile ihrer Lebenswelt und somit auch ihrer Persönlichkeit sind. Die Adressatinnen werden mit all ihren Bedürfnissen, Interessen und Haltungen als Expertinnen für sich selbst und ihrer Lebenswelt angesehen. Wir nehmen an der Lebenswelt junger Fußballfans teil. Dies geschieht vor allem durch die Begleitung von Fangruppierungen an Heim- und Auswärtsspielen des jeweiligen Bezugsvereins sowie durch aufsuchende Arbeit an Szenetreffpunkten, offene Angebote oder zielgerichtete Unterstützung. Handlungsleitend ist ein Dialog auf Augenhöhe mit den Adressat*innen und die gemeinsame Reflexion von Handlungsmöglichkeiten hinsichtlich ihrer Lebenslagen. Die Teilnahme an der Lebenswelt junger Fans ermöglicht uns, Normen und Werte sowie gruppendynamische Prozesse innerhalb der Fanszene kennenzulernen, nachzuvollziehen und kritisch zu reflektieren. Einem partizipativen Verständnis folgend werden gemeinsam mit jungen Fußballfans Angebote und Projekte entwickelt, um auf deren Bedürfnisse einzugehen.
5.2 Beziehungsarbeit
Die Grundlage unserer Arbeit besteht darin, zu den jungen Fußballfans tragfähige und belastbare Beziehungen aufzubauen. Über aufsuchende Arbeit und jugendspezifische Angebote, die sich durch Kontinuität, Verlässlichkeit und Attraktivität auszeichnen, bauen wir Vertrauen auf. Authentizität, Empathie und Transparenz der Fanprojektmitarbeiter*innen sind wichtige Voraussetzungen für dieses Vertrauen und die darauf aufbauenden Beziehungen.
5.3 Akzeptanz
Wir arbeiten nach dem Ansatz Akzeptierender Jugendarbeit. Mitarbeiterinnen der Fanprojekte begegnen den jungen Fußballfans, unabhängig ihrer Lebenssituation, ihrer Einstellungen und ihres Lebensstils mit Wertschätzung. Ein akzeptierender Ansatz in der Sozialen Arbeit mit Fußballfans bedeutet die Strukturen innerhalb der Fanszene sowie von Fangruppierungen anzuerkennen. Darüber hinaus sehen Fanprojektmitarbeiterinnen hinsichtlich des Denkens und Handelns ihrer Adressat*innen nicht nur die Relevanz des Systems Fußball, sondern auch die Bedeutung anderer relevanter Systeme wie bspw. Familie, Schule oder andere Peer-Konstellationen außerhalb der Lebenswelt Fußball- und Fankultur.
5.4 Diversität
Diversität meint die Unterscheidung und zugleich die Anerkennung von individuellen oder gruppenbezogenen Merkmalen. Wir beurteilen Personen nicht hinsichtlich einzelner Merkmale wie bspw. Geschlecht, Hautfarbe, sexuelle Orientierung, soziale oder kulturelle Herkunft. Eine Querschnittsaufgabe Sozialer Arbeit mit Fußballfans ist die Herstellung von Chancengleichheit. Fanprojektmitarbeiter*innen nehmen Vielfalt als Bereicherung wahr und tragen zur Anerkennung von Unterschieden und zum Schutz vor Diskriminierung bei. Fanprojekte sensibilisieren und klären mit verschiedenen Angeboten und Projekten zu Diskriminierungsformen jeglicher Art auf. Fanprojekte arbeiten geschlechtersensibel, transkulturell und inklusiv. Wir sprechen uns klar gegen Gewalt, Homophobie, Rassismus, Sexismus und andere Diskriminierungsformen aus.
5.5 Freiwilligkeit
Unsere Angebote basieren auf dem Prinzip der Freiwilligkeit. Über Dauer und Intensität von Kontakten bestimmen die jungen Fußballfans selbst, sowie über ihre Teilnahme an Projekten und Angeboten. Die Adressat*innen entscheiden selbst, inwieweit sie unsere Teilnahme an ihrer Lebenswelt, beispielswiese bei der Begleitung an Spieltagen, zulassen.
5.6 Niedrigschwelligkeit
Die Angebote von Fanprojekten sind offen gestaltet, sodass es allen interessierten jungen Fußballfans möglich ist, diese auch in einem geschützten Rahmen wahrzunehmen. Die Zeiten und Orte der Angebote sind flexibel und orientieren sich an den Bedarfen und Bedürfnissen junger Fußballfans. Im Rahmen der aufsuchenden Jugendarbeit, d.h. bei der Begleitung an Spieltagen sowie an Szenetreffpunkten unter der Woche, sind wir präsent und jeder Zeit ansprechbar.
5.7 Ressourcenorientierung
Soziale Arbeit mit jungen Fußballfans fokussiert ihre Stärken und orientiert sich nicht an ihren Defiziten. Pädagogische Angebote, Begleitung und Beratung zielen darauf ab, sie in ihrem Selbstwertgefühl und Verantwortungsbewusstsein zu fördern. Dabei werden Kompetenzen wie Eigenverantwortlichkeit, Toleranz, Rechtsempfinden und Kommunikation hin zu gewaltfreien Konfliktlösungen vermittelt.
Wir ermutigen junge Fußballfans, sich für ihre eigenen Belange einzusetzen.
5.8 Partizipation
Partizipation ist ein durchgängiges Arbeitsprinzip von Fanprojektarbeit. Junge Fußballfans werden ermutigt, ihre Themen und Bedarfslagen eigenständig zu bearbeiten, die jeweiligen Handlungsschritte zu erkennen und diese selbständig zu vollziehen. Wir haben dabei stets eine begleitende Funktion, die Befähigung und Motivation der jungen Menschen zur Teilhabe an gesellschaftlichen und politischen Aushandlungsprozessen ist dabei handlungsleitend.
5.9 Transparenz
Wir verhalten uns unseren Adressat*innen gegenüber offen, ehrlich und authentisch und machen ihnen deutlich, welche Auswirkungen, Möglichkeiten und Grenzen ihr Handeln haben kann. Transparentes Handeln ist eine Schlüsselkompetenz.
5.10 Vertrauensschutz, Verschwiegenheit und Anonymität
Vertrauensschutz, Verschwiegenheit und Anonymität sind unabdingbar für eine belastbare Beziehung zwischen Fanprojektmitarbeiterinnen und ihren Adressatinnen. Wir sind laut §65 SGB VIII (Besonderer Vertrauensschutz in der persönlichen und erzieherischen Hilfe) zum Vertrauensschutz verpflichtet und unterliegen dem §203 StGB (Verletzung von Privatgeheimnissen). Sozialpädagogische Arbeit mit jungen Menschen kann nur gelingen, wenn eine langfristige belastbare persönliche Beziehung zu ihnen aufgebaut ist und ein enges Vertrauensverhältnis besteht. Das ist die Basis dafür, dass sich Adressat*innen mit ihren Problemen an uns wenden, um gemeinsam ihr Verhalten zu reflektieren und positive Verhaltensänderungen anzustoßen.
Den Fanprojektmitarbeiterinnen muss es möglich sein, sich auch in kritischen Situationen nah an ihren Adressatinnen zu bewegen. Die Soziale Arbeit mit jungen Fußballfans kann nur erfolgreich sein, wenn ein besonderer Vertrauensschutz gewährleistet ist. 1
5.11 Kritische Parteilichkeit
Fanprojekte kommunizieren und vertreten die Interessen von Fußballfans gegenüber Netzwerkpartnern und gegenüber der Öffentlichkeit, mit einem stets kritisch reflektierten Blick auf entsprechende Themenstellungen, Stand- und Konfliktpunkte.
5.12 Diskursorientierung
Fanprojektmitarbeiterinnen agieren als Übersetzungs- und Vermittlungsinstanz zwischen unterschiedlichen Interessensträgerinnen und schaffen damit Kommunikationsstrukturen in alle Richtungen. In verschiedenen Gremien und Arbeitskreisen sowohl auf lokaler wie auch auf überregionaler Ebene sind wir Interessensvertreterinnen unserer Adressatinnen und unserer sozialpädagogischen Arbeit.
Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit haben einen pädagogischen, sozialpolitischen und soziokulturellen Auftrag. In den Arbeitsfeldern Mobile und Offene Jugendarbeit sowie Streetwork vereinen die Handlungskonzepte der Fanprojekte verschiedene Methoden der Sozialen Arbeit. Die nachfolgend beschriebenen Methoden werden standortspezifisch angewendet.
6.1 Offene Jugendarbeit
Offene Jugendarbeit hat einen sozialräumlichen Bezug und begleitet Kinder, Jugendliche, junge Volljährige und junge Menschen auf dem Weg zur Selbstständigkeit. Unser Ziel ist es, die Adressat*innen der Fanprojektarbeit im Gemeinwesen partnerschaftlich zu integrieren und an den Prozessen unserer Gesellschaft, vor allem bei fanpolitischen Themen, mitwirken zu lassen. Das Angebot eines offenen, partizipativ gestaltbaren und geschützten Raumes ermöglicht den jungen Fußballfans, ihre Ideen umzusetzen, Fähigkeiten zu erkennen, zu erproben und sich selbst als wirksam erfahren zu können.
6.2 Aufsuchende Arbeit
Die aufsuchende Arbeit ist wesentlicher Bestandteil der Fanprojektarbeit. Wir nehmen kontinuierlich an der Lebenswelt der Fans teil und lernen sie so in unserer Gastrolle kennen. Dazu gehören die Begleitung der Heim- und Auswärtsspiele des Bezugsvereins und das Aufsuchen der Fans an ihren Treffpunkten an Spieltagen und unter der Woche. Ziel ist es, ein verlässliches, vertrauensvolles Verhältnis zu den Fans aufzubauen und dieses zu intensivieren.
6.3 Einzelfallhilfe
Die Einzelfallhilfe im Rahmen von Fanprojektarbeit ist ein individuelles Angebot, bei dem die Adressat*innen mit ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen im Vordergrund stehen sowie Autonomie und Selbstbestimmung gestärkt werden. Die vorhandenen Ressourcen der jungen Menschen sind Grundlage unserer Arbeit. Über das handlungsleitende Arbeitsprinzip der Freiwilligkeit respektieren wir stets die Selbstbestimmung der Fans.
Wir bieten unsere Unterstützung und Begleitung bei ihrer Alltagsbewältigung und daraus eventuell entstehenden Frage- sowie Problemstellungen an. Sozialpädagogische Beratungssettings und andere Hilfsangebote der Mitarbeiter*innen sowie bei Bedarf zielgerichtete Vermittlung in andere Fachdienste dienen dem Ziel der Hilfe zur Selbsthilfe.
6.4 Gruppenarbeit
Die Peer Group ist für Jugendliche in ihrer Identitätsbildung wichtig, um dem Bedürfnis nach Orientierung, sozialer Anerkennung, Selbstbestätigung, Verhaltenssicherheit und Solidarität nachzukommen. Hier lernen sie, sich in einer Gemeinschaft zurechtzufinden, Gruppenregeln auszuhandeln und zu akzeptieren und erlangen dabei soziale Kompetenzen. Wir ermöglichen in Zusammenarbeit mit den Gruppen deren Ideen, Vorschläge und Wünsche in verschiedensten Projekten umzusetzen.
6.5 Gemeinwesen- und Gremienarbeit
Gemeinwesen- und Gremienarbeit nehmen in der Fanprojektarbeit einen hohen Stellenwert ein. Ziel ist die partizipierende, aktivierende und vernetzende Gestaltung des Sozialraums gemeinsam mit den Adressat*innen. Dies erreichen wir durch Lobbyarbeit für die jungen Fans und deren Unterstützung bei der Artikulation und Durchsetzung ihrer Bedürfnisse und Interessen. Unsere Arbeit unterstützt die Entwicklung des sozialen und kulturellen Lebens mit dem Ziel eines solidarischen Miteinanders.
Darüber hinaus stärkt die Vernetzung in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte und die Teilnahme an Gremien die Fanprojektarbeit auf:
a. Lokaler Ebene
- Jugendhilfeausschuss
- Fanbeirat
- Örtlicher Ausschuss Sport und Sicherheit
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b. Regionaler Ebene
- Regionalverbundtreffen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte
- Landesarbeitsgemeinschaft Streetwork
- Bundeslandspezifische Arbeitstreffen
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c. Bundesweiter Ebene
- Jahrestagung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte Fanprojektbeirat
- AG Fankulturen der Fußballverbände DFB/DFL
- Nationaler Ausschuss Sport und Sicherheit
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