Entstehung & Geschichte

Die Geschichte der Fanprojekte in Deutschland geht zurück bis in die 1980er Jahre. So haben sich in den 80er Jahren an einigen Standorten (bspw. Bremen, Hamburg, Hannover, Frankfurt, Berlin) die ersten vereinsunabhängigen Fanprojekte gegründet und mit der sozialpädagogischen Arbeit im Fußballumfeld begonnen, wenngleich die Anfangszeiten von zahlreichen strukturellen und finanziellen Problemen gekennzeichnet waren. Erst seit dem Ergebnisbericht der Arbeitsgemeinschaft „Nationales Konzept Sport und Sicherheit“ (NKSS) aus dem Jahr 1993 konnte die sozialpädagogische Präsenz am Rande von Fußballspieltagen vorangetrieben werden und die Anzahl von Fanprojekten bundesweit kontinuierlich erhöht werden. Fanprojekte haben den gesellschaftspolitischen Auftrag, jugendlichen Fußballfans und jungen Erwachsenen eine positive Lebensorientierung zu geben, Gewaltphänomenen und politischem Extremismus mit sozialpräventiven Maßnahmen entgegenzuwirken, problematisches Verhalten zu thematisieren und gemeinsam mit den Fans alternative Problemlösungsansätze zu entwickeln.

Die Stärkung eines positiven Selbstbildes junger Menschen und einer kreativen, vielfältigen Fankultur sind primäre Ziele der Fanprojektarbeit. Dies gelingt durch den Aufbau eines belastbaren Vertrauensverhältnisses zu den Jugendlichen, basierend auf der Niedrigschwelligkeit der Kontaktaufnahme, der Freiwilligkeit des Kontakts und dem Angebot, diesen Kontakt auch anonym zu gestalten. Auf dieser Basis können persönliches Fehlverhalten reflektiert, positive Verhaltensänderungen angestoßen und junge Fans unterstützt werden, den Sozialraum Fankultur selbstverantwortlich zu gestalten. Die Vernetzung der Fanprojekte mit anderen pädagogischen Einrichtungen und Akteuren außerhalb des Fußballs ist nicht nur im Kontext der weiterführenden Einzelfallberatung von großer Bedeutung.

Sozialpädagogische Fanarbeit basiert auf der Erkenntnis und langjährigen Erfahrung, dass fremd- und selbstschädigendem Verhalten jugendlicher Fußballfans langfristig nicht allein mit repressiven Maßnahmen begegnet werden kann. Die Arbeit der Fanprojekte orientiert sich an der Lebenswelt der jugendlichen Fans, sprich: Sie findet u. a. im Stadion und auf Auswärtsfahrten, aber auch unter der Woche bei Gruppentreffen und Veranstaltungen statt. Die Soziale Arbeit mit Fußballfans orientiert sich am Individuum in seiner Gesamtheit und nicht nur am Fußballfan, wie er oder sie am Spieltag auftritt.

Die Lebenswelt der Adressat:innen, deren Belange, Bedürfnisse, Probleme sowie Bedarfe werden ganzheitlich und nicht nur am Wochenende betrachtet. Unsere Arbeit ist dabei von den Konzepten der „Bedürfnis- und Lebensweltorientierung“ geprägt. Summa summarum sind somit folgende Punkte zentrale Hauptaufgaben & Ziele von Fanprojekten:

  • Jugendliche Fans bei der Bewältigung ihrer Lebensaufgaben unterstützen und ihre Persönlichkeitsentwicklung stärken
  • Begleitung & Beratung von Adressat:innen in allen Lebenslagen
  • An den vorhandenen Ressourcen der jungen Menschen anknüpfen und ihre Stärken sowie das Selbstwertgefühl stärken
  • Mit Hilfe offener und freiwilliger Angebote jungen Fans ein tolerantes und respektvolles Miteinander erlernen
  • Orientiert an der Lebenswelt junger Menschen die soziale Teilhabe und das gesellschaftliche Engagement von Fußballfans erhöhen.
  • Lebensweltbezogene Freizeitund Bildungsangebote anzubieten
  • Junge Fans unterstützen bestimmt, reflektiert und selbstbewusst ihre Interessen in konstruktiven Aushandlungen mit den betreffenden Personen und Institutionen ansprechen und umsetzen zu können
  • Förderung der Kommunikation zwischen allen am Fußball beteiligten Institutionen (u.a. Fans, Vereine, Polizei und Ordnungsdienste)
  • die Förderung einer kreativen, an demokratischen Werten orientierten und selbstbestimmten Fankultur
  • Schutz und Förderung der Fanszene als Subkultur und wichtige Instanz jugendlicher Sozialisation und Identitätsentwicklung
  • Verhinderung der Ausgrenzung einzelner Fans oder Fangruppen
  • Parteiliches Eintreten für junge Fans und ihre Anliegen
  • als einzige unabhängige Institution Lobby-Arbeit für Fans im Netzwerk Fußball leisten
  • Gewaltprävention und Demokratiestärkung
  • Demokratische Werte und menschenrechtliche Prinzipien werden verinnerlicht, Vorurteile abgebaut und sich mit Diskriminierung auseinandergesetzt.

Die Arbeit der Fanprojekte zielt damit auch auf die Verringerung delinquenten, diskriminierenden, gewaltförmigen und gesundheitsgefährdenden Verhaltens ab. Gesellschaftlichen Herausforderungen wie Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit (Strukturen der Ungleichwertigkeit) und Gewalt wird so begegnet. Gemeinsame Merkmale aller Fanprojekte sind: Fanprojektarbeit ist professionelle Arbeit, die Mitarbeiter:innen sind in hauptamtlicher Funktion tätig Fanprojekte sind sozialpädagogische Institutionen, verfügen über entsprechende Konzeptionen und Mitarbeiter*:nnen mit qualifizierter Ausbildung und Erfahrung Fanprojekte sind unabhängig und nicht weisungsgebunden gegenüber den jeweiligen Bezugsvereinen, ihren Gremien, den Organisationen von Fußballfans und den Fußballverbänden Die Arbeit des Fanprojekts richtet sich nach den Grundlagen des „Nationalen Konzepts Sport und Sicherheit“ (NKSS) sowie den Leistungen des SGB VIII. Hier bilden insbesondere die Jugendarbeit (§11 SGB VIII) sowie die Jugendsozialarbeit (§13 SGB VIII) die rechtliche Arbeitsgrundlage. Zielgruppe sind alle Fußballfans des VfB Stuttgart zwischen 12 und 27 Jahren. Das VfB Fanprojekt ist damit eine besondere Form der „Fanbetreuung im Rahmen von Sozialarbeit“ (NKSS) und zeichnet sich durch dpädagogischen Zugang zu den Fans aus. Die Arbeit des Fanprojekts richtet sich dabei maßgeblich nach den Bedürfnissen der Zielgruppen vor Ort und ist kein originärer Teil der Sicherheitsarchitektur. Aktuell arbeiten bundesweit in 71 Städten Fanprojekte mit Fans von insgesamt 74 Bezugsvereinen zusammen.

Für die praktische Arbeit, deren Grundlage das SGB VIII und das „Nationale Konzept Sport und Sicherheit“ (NKSS) sind, gelten die fachlichen Standards der Sozialen Arbeit nach dem SGB VIII §7 Abs. 1-4.